Sturm der Entrüstung.

In der digitalen Welt nennt sich ein solcher Sturm „Shitstorm“ – ein Begriff, der von Sascha Lobo (dem einzigen Punk des gesellschaftskritischen Internets) mit dem Zusatz „aggressives Brainstorming“ versehen wurde. Nun liegt es nicht in meiner Natur englische Fachwörter im Raume bzw. in der Kolumne stehen zu lassen. Aber mein Verleger würde mir das übersetzte Sch-Wort zu Recht mit dem Hinweis auf den Respekt gegenüber den werten Lesern streichen. Beim Brainstorming hingegen handelt es sich nach Duden um ein „Verfahren durch Sammeln spontaner Einfälle die beste Lösung für ein Problem zu finden“.

Bleiben wir aber beim Sch-Wort und dem Respekt. Denn unterm Stich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, geht es einzig um den Respekt gegenüber Mitmenschen. Was beim Autofahren nämlich die Windschutzscheibe und damit einhergehend das Gefühl in einer privatsphärlich-geschützten Eierschale zu sitzen, ist beim Internet der Bildschirm. Dahinter zu sitzen, so bildet man sich gerne ein, erlaubt einem in aggressiver Stimmung seinem Unmut freien Lauf zu lassen und dabei – wie beim Stinkefinger zeigen während der Autofahrt – von der Eierschale geschützt zu werden.

Nun hat aber die Eierschale einen einzigen Zweck: Sie dient biologisch der Erzeugung der Nachkommenschaft – der Küken. Das Schlüpfen zerstört die Eierschale; es ist folglich unumgänglich den eigenen Schutz preiszugeben, um auf die Welt zu gelangen und im wahrsten Sinne zu leben.

Für uns bedeutet dies nichts weiter, als dass nur dann eine Kritik im Internet berechtigt ist, wenn sie persönlich adressiert wird und der Kritiker sich zu erkennen gibt. Im Schutze einer löchrigen Anonymität zu wüten und zu „shitstormen“, ist einer vermummten Demonstration gleichzusetzen.

Und das ist respektlos.