Ende, Punkt, aus, fertig diskutiert, amen!

Die Antwort «Ich will das aber so!» auf eine berechtigte Gegenfrage ist zu einer meiner Lieblingsaussagen geworden. Besser kann man eine konstruktiv gedachte Diskussion nicht totschlagen.

… krasse 2 % Konversionen bei diesem Produkt … der Button funktioniert absolut perfekt … geile Besucherzahlen auf der Kontaktseite … die Formulare werden alle korrekt abgeschickt … grün ist der Button besser als rot … weniger Produkte auf einer Seite sind besser als zu viele … die Seite mit dem Bild funktioniert perfekt …

Doch wenn Sie keine Besucherdaten zu Ihrer Website, Ihrem Shop oder Ihrer App haben oder wenn die Daten nicht sauber strukturiert und visualisiert sind – oder wenn Sie gar ohne geschäftsrelevante Fragestellungen die Messwerte angucken, wissen Sie tatsächlich gar nichts!

Dann bleibt Ihnen als Antwort auf einen potenziellen Verbesserungsvorschlag tatsächlich nur: «Ich will das aber so!»

Denn viel spannender als die zweiprozentige Konversionsrate wäre beispielsweise, warum die anderen 98 % den Einkauf abgebrochen haben! Wie viele Menschen ein Kontaktformular aufrufen, ist irrelevant; viel wichtiger wäre es, zu wissen, ob sich aus Formularanfragen Geschäfte generieren oder Supportanfragen beantworten lassen.

Das wäre dann nämlich geschäfts- und damit umsatz- und imagerelevant.

Annahmen zu treffen, ist eine grundlegende und eminent wichtige Vorgehensweise in der Webkonzeption und -gestaltung. In einem zweiten Schritt gilt es dann, die Annahmen anhand «realer» Fakten zu überprüfen und, wo nötig, anzupassen – das ist eine zwingende Aktion im Entwicklungsprozess.

Diese Stufe auszulassen, entspricht einem Totschlag des Projekts, was uns wieder zurück an den Anfang zum Totschlagargument führt.

Aber dann ist sowieso Hopfen und Malz verloren.

Der Mensch als digitales Datenblatt

«Guten Tag, ich habe eine Frage zur Abrechnung vom letzten Monat.»
«Gerne, wie lautet Ihre Handynummer?»

Der Moment, in dem Sie sich jedes Mal gleich zu Anfang des Telefonats mit einer x-beliebigen Hotline fragen, warum Sie vor weniger als einer Minute Ihre Nummer überhaupt mühsam eintippen mussten, nachdem eine Computerstimme Sie dazu aufgefordert hatte. Aber mit einer schnippischen Bemerkung riskieren Sie nun, den Besitzer der Stimme am anderen Ende der Leitung zu verärgern – daher:

«Ja, gerne, meine Nummer lautet: …»
«Danke, worum geht es, bitte?»
«Ich habe Fragen zur Abrechnung.»
«Hier steht, dass Sie die Korrespondenz auf Italienisch wünschen.»
«Möglich, ja, aber ich würde das jetzt gerne auf Deutsch mit Ihnen besprechen.»

Es folgt ein kurzer Moment der Stille und des Innehaltens über die Frequenzen der modernen Mobiltelefonie.

«Sie haben angegeben, dass Sie die Korrespondenzsprache auf Italienisch wünschen.»
«Möglich, aber …»
«Ich kann kein Italienisch.»
«Aber ich rede doch gerade Deutsch mit Ihnen?»
«Hier steht, dass Sie auf Italienisch korrespondieren möchten …»
«Das ist jetzt aber nicht wahr, oder?! Ich rede doch Deutsch mit Ihnen …?»
«Ich kann kein Italienisch.»
«Ich will das auf Deutsch …»
«Ich verbinde Sie mit einem Italienisch sprechenden Mitarbeiter.»
«Ich will aber ni …»

Tüüt, tüüt, tüüt …

«Buongiorno, come posso aiutarla?»
«Buon dì, ma io non volevo discutere il mio problema in italiano…»
«Ah, kas problem, mir chönd das au uf Schwiizerdütsch lösä.»

Ich weiss nun, dass eine menschliche Stimme nicht zwingend bedeutet, dass ein Mensch mit einem redet, und dass einem Deutsch nichts nützt, wenn man als Korrespondenzsprache Italienisch angegeben hat.

Die Moral?

Ich wäre gerne wieder ein Mensch und weniger ein digitales Datenblatt.

Die wahnwitzige «Cc»-Manie.

Früher war nichts besser, aber anders. Technologischer Fortschritt führt zu Vereinfachungen.

Als man in einer Welt vor unserer Zeit noch mit Durchschlagpapier auf der Schreibmaschine arbeitete, war eindeutig definiert, wer das Originalblatt und wer den Durchschlag («Cc»!) erhielt: das Original an den Menschen, der etwas tun musste, und die «Karbonkopie» an die Leute, die das zu wissen hatten. (Die Auswahl der Verben im vorangehenden Satz ist nicht zufällig!)

Das E-Mail hat diese Regel pulverisiert.

Denn offenbar schalten nicht nur Katzenbilder, Pornoseiten, Aufforderungen zu Geldüberweisungen oder Klickköder das Gehirn ab: Die E-Mail-Funktionen «Cc» und die obskure Blindkopie («Bcc»!) scheinen die Sauerstoffzufuhr ebenfalls negativ zu beeinflussen. Diese Funktionen machen aus einfachen Erdbewohnern die übelsten Mailschleudern.

Es ist simpel: Im «An» adressierte Menschen fordert man direkt auf, etwas zu tun oder etwas zur Kenntnis zu nehmen, im «Cc» angeschriebene Leute müssen das (zusätzlich) wissen, und die im «Bcc» sollten besser einmal überprüfen, ob sie noch einen Puls haben!

Oder anders formuliert: Vom Empfänger von «An»-Mails wird eine Aktion erwartet, die dieser bei Annahme oder Vollzug am besten noch durch «Antworten» bestätigt; vom Adressaten im «Cc» wird keine Aktion oder Rückmeldung erwartet, offenbar aber soll die Person über die delegierte Aufgabe informiert werden. Der im «Bcc» soll … eigentlich gar nix.

Meistens steht im täglichen Mailverkehr nur eine Person im «An», denn dass die Arbeit gemacht wird, ergibt sich durch ein gesundes Arbeitsverhältnis und nicht über ein dutzendfaches Vermailen des Auftrages an «Cc»-Empfänger. Dieser abgesicherte «Ich-habe-es-beauftragt»-Modus ist lächerlich.

Ausnahmen? Klar, die gibt es.

Wahrscheinlich.