Die Schlange und ihr Schwanz

Wenn Ihre Website nicht responsiv ist, haben Sie Ihr Recht auf kostenlose Information verspielt: Klicken Sie weg von hier! (Ernsthaft jetzt?!?)

Gut – wenn Sie noch lesen, dann sind wir uns einig, dass Ihre Website im Jahr 2018 angekommen ist. Ob das Konzept „mobile first“ oder „mobile only“ als Basis für Ihren Webauftritt diente, sei dahingestellt. Die Diskussion dazu wird in Entwickler- und Usabilityforen derart überhitzt geführt, dass ich mir bisher keine abschliessende Meinung dazu gebildet habe. Die beiden Konzepte unterscheiden sich nicht in ihrer Ausrichtung, sondern in ihrer Konsequenz: Während bei „mobile first“ die Priorität auf einer mobilen Website liegt (gleichwohl inklusive einer Darstellung für Desktopcomputer), wird bei „mobile only“ der stationäre Rechner gar nicht mehr berücksichtigt. Begründet wird dies mit beängstigend hohen Zugriffen von Nutzern mit portablen Endgeräten auf Websites – manche Statistiken rapportieren (offenbar) über 65–80 % mobile Anfragen.

Ob die Kunden unserer Kunden hinter dem Mond wohnen oder ob sie sich keinen Deut um Statistiken scheren, ist unklar; dass die mobile Nutzung exponentiell zunimmt, steht jedoch ausser Diskussion. Aber ob die Zeit schon reif ist, auf Desktopversionen ganz zu verzichten, bezweifle ich dennoch.

Der Grundsatz, wonach man sich nach dem schwächsten Glied in der Kette richten sollte, hat bei einer Website nicht ausgedient: Benutzerfreundlichkeit ist keine Frage eingesetzter Technologien (Geräte, Bildschimgrösse, Farbeinsatz etc.), sondern ein Grundsatz der Onlinekommunikation und ein Versprechen an die Nutzer.

„Mobile-only“-Homepages sind auf Desktopcomputern ähnlich unbrauchbar wie nichtresponsive Websites auf Handys: Hier beisst sich die Schlange in den Schwanz.

Und das ist doof.

Alles wird besser

Im Jahr 2018 werden einige Technologien ihren Siegeszug fortsetzen und das Web einfacher, funktionaler und – vielleicht – sogar sicherer machen.

Dass die Digitalisierung mit gewaltig grossen Schritten voranschreitet, ist mittlerweile eine Binsenwahrheit. Nicht nur die Planungs-, Ausführungs- und Wartungssysteme sind branchenübergreifend digitalisiert, sondern (vor allem) auch die Kommunikationsmittel rund um die angebotenen Dienstleistungen und Produkte. Aber auch die Produkte selbst verlangen ein hohes Mass an Digitalisierung – «intelligentes Wohnen» ist dabei nur eines von vielen Stichwörtern.

2018 wird – will man den Trendforschern glauben – das Jahr der «Vereinfachungen». Es scheint, als wolle man den Internetnutzern das Web vermehrt als unkomplizierte und sichere Spielwiese präsentieren – ein Gegentrend zur allgemeinen Weltlage, die sich zunehmend komplex und verworren zeigt.

Wir leben bereits in einer Zeit, in der das Internet nicht mehr (immer) bewusst wahrgenommen wird. Viele Funktionen – und damit zusammenhängende Vereinfachungen – laufen im Hintergrund ab: Wir sind nicht nur immer online, sondern erwarten auch, dass dies «so ist». Dem widerspricht zwar unser Bedürfnis nach Datenschutz, aber Vereinfachung ist sehr bequem, ja opportun! Und so lassen wir uns per GPS verfolgen, speichern unsere Daten in namenlosen Wolken und erlauben unbekannten Entwicklern oder gigantischen Unternehmen Zugriff darauf.

Künstliche Intelligenz ist – folgt man den Strategien der grössten Softwareunternehmen der Welt – die Schlüsseltechnologie der nahen Zukunft: Sie wird Probleme lösen, extreme Vereinfachungen ermöglichen, aber eben auch viele neue Fragen aufwerfen.

Das wird ein spannendes Jahr: Packen wir es an!

Was die Wählscheibe mit dem Internet zu tun hat

Wer nicht weiss, was eine Wählscheibe ist, den beneide ich um seine Jugendlichkeit: Noch bis weit in die 70er- oder 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts hatte fast jedes Telefon eine solche. Doch um der Wahrheit die Ehre zu geben: Bereits in den 70ern setzte ihr schleichender Niedergang ein, als sie langsam, aber kontinuierlich von der Zahlentastatur verdrängt wurde.

Erinnern Sie sich? Es war die Zeit, in der man noch alle wichtigen Telefonnummern auswendig wusste und das Wählen einer Meditation glich: Das Surren in der Hörmuschel, während die Scheibe zurückdrehte, hörte sich wie eine schnurrende Katze an. Die Wählscheibe war damals die wichtigste – und womöglich die einzig im Alltag präsente – Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine: Sie war das «User Interface» des analogen Zeitalters.

Heute sind wir von «Interfaces» umgeben: dem Computer mit Tastatur und Maus, dem Handy und dem berührungsempfindlichen Bildschirm, dem Fernseher und der programmierbaren Fernbedienung …

Die beängstigend simple Handhabung macht für mich aus der Wählscheibe die benutzerfreundlichste Mensch-Maschinen-Schnittstelle überhaupt. Sie war aber nicht nur denkbar einfach in der Bedienung, sondern auch ästhetisch perfekt. Warum wohl musste selbst Neo mit einem analogen Telefon zurück in die Matrix finden? Weil Mechanik im Gegensatz zur Elektronik durchschaubar ist – und nicht zuletzt wegen der zeitlosen Wählscheibenästhetik!

Um das geht’s bei Benutzerfreundlichkeit – ein paar Adjektive:

Einfach. Eindeutig. Offenkundig. Eingängig. Enträtselt. Verständlich. Transparent. Durchschaubar. Offensichtlich. Lesbar. Plausibel. Einleuchtend. Klar. Deutlich. Und für die Jungen unter uns: einfach geil.

Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Website-Redesign planen!