Und jetzt auf Deutsch, bitte.

«Wir müssen …Web Standards… weil … Semantik und Accessibility zu einer verbesserten User Experience… Natürlich … die Usability, welche über … Information architecture getragen … Das würden … in Wireframes bzw. Mocku-Ups … und … später im Layout … Prototyping erwacht … Interaction design … eigenem Leben … gecodet …HTML fünf mit Serverside … dann Proxy-Server… Hier scrollen. Damit wir … konzepten … on-site … Search Engine Optimization und … off-site … Marketing…»

Mein Kunde schaute mich nach diesem unendlichen Monolog mit gefühlten achttausend Fremdwörtern mit grossen und ungläubigen Augen entgeistert an. Weil ich ihm nicht so leise helfen konnte, ohne die anderen Teilnehmer zu stören, schrieb ich auf seinen Notizblock in fetter Schrift «Das geht einfacher. Und auf Deutsch.» Wir schmunzelten.

Warum Menschen im Allgemeinen und insbesondere Referenten und Manager an Besprechungen und Präsentationen eine komplizierte Fachsprache bemühen, ist mir ein Rätsel.

Eine gute Idee oder ein gutes Konzept muss in einem einfachen Satz und auf Deutsch zu erklären sein. Alles andere deutet auf eine schlechte Idee oder ein schlechtes Konzept hin. Natürlich lässt sich eine so einfache Regel nicht immer anwenden, aber der Wille zur Vereinfachung und zur eigenen Sprache sollte bei jedem Referenten vorhanden sein: der Sache und der Zuhörer zuliebe.

Wenn ich es eines Tages nicht mehr schaffen sollte, meinen Kunden in einfacher Sprache zu erklären, wie man Internet-Seiten zu gestalten hat, damit sie gern besucht und schnell gefunden werden, beende ich meine Beratertätigkeit und suche ein Kloster für meinen inneren Frieden auf.

Die deutsche Sprache ist zu schön, um sie dem Englischen zu opfern. Und mein Beruf ist zu faszinierend, um ihn hinter Fachausdrücken zu verstecken.

Einmal gespeichert und für immer pulverisiert.

Mein Blutdruck entspricht zu Spitzenzeiten tatsächlich dem Öldruck eines Abbruchhammers. Ich vermute aber, dass mein oberer Wert von 160 nicht den 160 bar entspricht, die in der Druckleitung des Hammers herrschen und zur normalen Funktionsweise beitragen. Zudem 160 bei einem Menschen – und als solchen würde ich mich gerne bezeichnen – bereits als schwere Hypertonie gilt. Damit ist das weder gesund noch zur Nachahmung empfohlen.

Ich staunte nicht schlecht, als ich mich – ein paar Tage ist es her – auf einer Website für einen Newsletter anmelden wollte, jedoch die Antwort erhielt, meine E-Mail sei bereits in der Datenbank gespeichert. Trotz angestrengtem Nachdenken – mit Sorgenfalten auf der Stirn – erinnerte ich mich nicht, mich jemals dort in irgendeiner Weise angemeldet zu haben.

Sie ahnen es und ich bestätige: Ich nahm das Telefon zur Hand, wählte die Nummer und fragte mich mühselig zur verantwortlichen Person durch. Eine Dame mit ausgeprägtem St.Galler-Dialekt erklärte mir freundlich, dass meine Daten wohl von einer Partnerfirma stammen würden, bei der ich vor Jahren eine Produktbroschüre bestellt hatte. Dass diese Weitergabe von Daten nicht in meinem Sinne sei, schmetterte sie mit dem Argument vom Nutzen am Kunden ab: Einmal bestellen, überall im Konzern und Partnernetzwerk gespeichert sein und zudem sei das in den jeweiligen AGB erwähnt. Es lief mir kalt den Rücken hinunter.

Ich lese nie die AGB von Firmen auf Websites, wenn ich dort bestelle oder mich für Dienste registriere. Da ich komischerweise davon ausging, dass Firmen klar und offen – und nicht in den AGB versteckt – kommunizieren, was mit meinen Daten geschieht, war mein Vertrauen ehrlich stärker.

Jetzt ist es mein Blutdruck – und der Abbruchhammer hat seinen Dienst am Vertrauen getan: Es ist pulverisiert.

Mehr Tassen im Schrank.

Neulich hat mich Peter mit bohrendem Blick gefragt, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte. Das hat mich gewundert, denn die Frage kam – für mich – aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung. Aber ja, antwortete ich, meine Tassen seien zwar mittlerweile ein bisschen alt und an manchen Stellen abgewetzt oder abgeschlagen, aber anzahlmässig hätten sie sich in letzter Zeit eher vervielfacht und keine Dezimierung durchgemacht.

Dass sich die Stimmung mit dieser Antwort nicht bessern liess, sondern weiterhin im frostigen Kellergewölbe hauste, lag wohl eher an meiner denn an Peters Sturheit. Aber, so erwiderte ich weiter, ich stünde wohl auf dem Schlauch. Und ich betonte – um keine Zweifel an meinem Willen zur Diskussion aufkommen zu lassen – den Satz mit einem grossen Fragezeichen.

Doch meine Bemühungen waren umsonst, das Gespräch beendet, sein Bierglas halb leer, mein Wasserglas halb voll, seine Verabschiedung ausserordentlich kühl und mein Friedensangebot („Nächste Woche, gleiche Zeit?“) mit Terminkollisionen ausgeschlagen.

Dabei hatte ich einzig in einem Nebensatz erwähnt, dass ich es für falsch erachte, Kunden mit eigenwilligen Technologien, Tools und Apps auf Jahre an eine Agentur zu binden, sondern dass es weitsichtiger sei, Kunden über intelligente Dienstleistungen, solide und fundierte Beratungsqualitäten und transparente Preispolitik zu binden. Bindung, so meine Worte weiter, verliere dann seinen negativen Beigeschmack und wandle sich in eine echte Partnerschaft. Aber vor einer echten Partnerschaft, so meine bescheidene Erfahrung, hätten noch viel zu viele Webagenturen Angst.

Wie das Gespräch ausging, wissen Sie ja bereits.

Ein paar Tage später habe ich Peter eine Tasse geschenkt. Die Aufschrift lautet: „Für Deinen Schrank.“