Rückwärts gedacht ist vorwärts geplant.

Die Planung komplexer Webprojekte kann viel Raffinesse voraussetzen. Denn wo immer die Agentur Menschen, Interessensgruppen, Technologien, Geld und Zeit jonglieren muss, genügen Projekt­manage­ment­tools und Schulwissen nicht.

Das Zauberwort heisst «Risikomanagement». Es definiert alle Massnahmen und Beurteilungen, die die Risiken in einem Projekt identifizieren und bewerten. Der Detektiv forscht, wie und wann es zu einer Sachlage hat kommen können, wohingegen der Projektmanager problematische Konstellationen verhindern will und diese bewusst einplant, um sie vor oder bei Eintreffen zu umschiffen.

Dass der Projektverantwortliche in Agenturen oftmals als Miesepeter – wenn auch mit sarkastischem oder fatalistischem Humor – wahrgenommen wird, hat in der Jobdefinition seinen Grund: Probleme voraussehen und benennen ist Agenturalltag.

Wenn er die Winkelzüge der Interessensgruppen versteht, das – wenn auch oftmals sympathische –  Durcheinander bei Kunden durchschaut, die Alltagssorgen seines Technik-, Kreations- und Beratungsteams im Griff und – natürlich – das Projekt mit all seinen Facetten verinnerlicht hat, wird er zum unverzichtbaren Verantwortlichen.

Ein normaler Mensch sieht bei «1 + 1» eine einfache Addition; der Projektmanager hingegen fragt sich, ob die Addition im Dezimal- oder einem anderen Zahlensystem ausgeführt werden soll, hakt nach und informiert alle, die es wissen müssen.

Darin unterscheidet sich der Profi vom Windmacher: Projektdetails ohne Vorlage kennen, Eckdaten aus dem Effeff beherrschen, Teamagendas verinnerlichen, Feintöne heraushören, Probleme voraussehen, Stolpersteine erkennen und Sprachbarrieren beseitigen – das alles gehört mehr zum Job, als es dessen Beschrieb erahnen lässt.
Und dann noch Weihnachten: Niemand will, aber alle müssen – oder … alle wollen, und niemand verzichtet. Oder soll man? Oder möchte man? Oder dürfte man …?

Seien und bleiben Sie gut organisiert, geniessen Sie die Zeit und achten Sie unbedingt auf Ihre Gesundheit – im Körper wie im Geist.

Servicewüste.

In den letzten Tagen habe ich mich dermassen über fehlende Dienstleistungsbereitschaft und idiotische Kontaktformulare aufgeregt, dass ich meine 1800 Zeichen hier liebend gerne einfach mit Schimpfwörtern füllen würde. Und womöglich würde es der Chefredaktor aus Jubiläumsgründen – es ist die 100. Kolumne! – sogar durchgehen lassen.

Warum auf Websites Kontaktformulare aufgeschaltet werden, die nur Mussfelder führen und ohne Lupe kaum zu lesen sind, ist nicht nur unverständlich, sondern sinnwidrig und eine Beleidigung für jeden potenziellen oder bestehenden Kunden.

Noch schlimmer sind nur Kundendiensttelefonate, bei denen man nach der eigenen Kundennummer gefragt wird …

Viele Firmen reagieren tatsächlich nicht etwa mit Freude auf einen neuen oder wiederkehrenden Kunden, sondern betrachten ihn vielmehr als ein Ärgernis: Kann dieser Depp nicht besser woanders einkaufen?!

Oftmals möchte man Onlineshops, Kontaktformulare, Support-E-Mails, Chatbots oder Hotlines anschreien: «ENTSCHULDIGUNG BITTE, DASS ICH IHR KUNDE SEIN MÖCHTE! ICH HABE GELD UND WÜRDE ES GERNE AUSGEBEN.»

Bevor Sie nun zustimmend nicken, sollten Sie vorab Ihre eigene Website und die internen Abläufe überprüfen: Wie sieht’s damit aus? Sind die Kontaktmöglichkeiten im Web korrekt und aktuell? Gut auffindbar? Dem Gerät entsprechend gelayoutet? Sind die Formulare einfach auszufüllen? Benutzerfreundlich? Kann man anrufen, schreiben, um Rückruf oder um Mailantwort bitten? Wie schnell werden Anfragen bearbeitet?

Wenn eine Firma länger als 6–12 Stunden zum Antworten braucht, hat sie Neukunden – streng genommen – nicht verdient. Dass im Schulbuch 12–24 Stunden geschrieben steht, tut nichts zur Sache, denn massgeblich ist nicht, was die Firma zu wissen meint, sondern was der Kunde fühlt: Werde ich hier verarscht?

 

 

 

Das Elend mit den Benutzern?

Natürlich war früher alles besser! Im Eldorado der Pionierjahre des Internets in den 1990er-Jahren war vieles erlaubt – man wusste es glücklicherweise nicht besser. Die Anbieter experimentierten mit steinzeitlichen Technologien der ersten Internetbrowser, die damals als CD-ROM (!) den Zeitungen beigelegt wurden, und die Benutzer surften durch Websites, die – nach heutigen Kriterien – wenig mit modernen Webauftritten gemein hatten – konnten sie ja auch gar nicht.

Aber stimmt das?

Um es vorwegzunehmen: Nein, es stimmt nicht.

Geändert haben sich in erster Linie die Technologien (zum Glück!), die Möglichkeiten (was für eine Freude!) und die Zugriffsgeschwindigkeiten (Gott sei Dank!) – jedoch sind die menschlichen Bedürfnisse nach Einfachheit und Vereinfachungen über die Jahre und Jahrzehnte gleich geblieben. Verbesserungen, Optimierungen, Weiterentwicklungen und Erfindungen entstehen aus Missmut: Der Motor technischer Entwicklungen ist Unzufriedenheit.

Websites wurden über die Jahre aufwendiger, designstärker, schneller, zielgerichteter, im Funktionsumfang erweitert und mit sozialen Medien gepfeffert. Doch sowenig Spezialeffekte über die fehlende Handlung in einem Film hinwegtäuschen, sowenig lassen sich Websitebesucher durch unnötige Spielereien oder Designfehler in die Irre führen: Der Klick zur Konkurrenz ist damit sicher und somit das Userverhalten exakt gleich wie anno dazumal.

Dass der Job des Webdesigners nur «cool» sei, solange man die Nutzer bei Konzeptüberlegungen aussen vor lässt, scheint bei manchen Unternehmen – um es provokativ zu formulieren – die Leitidee für Webaktivitäten zu sein. Ob sich das ändern lässt?

Denken Sie scharf nach – Sie kennen die Antwort!