Es war einmal ein Drama, aber das hatte keine Queen

Und damit ist diese Geschichte auch bereits zu Ende. Storytelling. Das Schlagwort der Stunde, welches bei digitalen Medien die Runde macht. Leider sind die meisten Websites und Social Media Posts, welche mit dem Etikett „Storytelling“ versehen werden, etwa so interessant wie der Trocknungsvorgang einer frisch bemalten Wand. Niemand lässt sich vom Stuhl reissen, wenn kein Konflikt herrscht oder nichts Verblüffendes passiert und die gehörige Portion Drama fehlt.

Glücklicherweise gibt es immer wieder Ausnahmen, denn mit den heutigen technologischen Mitteln lassen sich originelle digitale Umsetzungen realisieren, sofern eine solide Idee vorhanden ist.

Eine solche Ausnahme kommt von der Designerin und Illustratorin Katrin von Niederhäusern. Sie wollte für den amerikanischen Rapper Action Bronson arbeiten. Anstatt ihm eine E-Mail zu schicken, kreierte sie eine illustrierte Website als Bewerbung und warf ihm an einem Konzert ihre Unterwäsche auf die Bühne – mit aufgemalter URL. Als der Blick davon Wind kriegte, brachte dieser einen Artikel über die Bewerbung, was für weitere Publicity sorgte. Zwar klappte es mit Action Bronson nicht, dafür kontaktierten Leute aus aller Welt die gute Katrin. Und dies alles nur aufgrund einer Website.

Ein weiteres gelungenes Beispiel stammt von der Zürcher Digitalagentur KiloKilo, welche die Website Bling Bling Money lancierte. Diese Site verwandelt jedes Smartphone in eine „Money Gun“ und mit einer Swipe-Bewegung lässt man dann Geldscheine über den Bildschirm flattern. Man kann auch ein Bild hochladen oder einen YouTube-Film abspielen lassen und mit Geld bewerfen. Eigentlich ideal für Scheidungsanwälte: im Gespräch mit einem möglichen Klienten, lade man ein Bild der zukünftigen Ex hoch und demonstriert ihm damit wie teuer einen die falschen Scheidungsanwälte zu stehen kommen.

Zu guter Letzt: Michelberger’s Fountain of Youth. Kokoswasser aus der Dose. Der Besucher landet auf einer illustrierten Insel, erfährt was über die Vorzüge von Kokoswasser, dessen Produktion und wo es das Kokoswasser zu kaufen gibt. Und wer das Buch neben der Palme aufschlägt, findet heraus was es mit dem Affen auf sich hat. Mit den kleinen Spielereien und der unbeschwerten Musik sticht diese Site aus dem Einheitsbrei der sonstigen fantasielosen Firmen-Websites auf, ohne dass die Funktion darunter leidet. Da wird es schwierig den Name Fountain of Youth zu vergessen.

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Parvez Sheik Fareed

Das ist ein Gastbeitrag von Parvez Sheik Fareed.

Herr, die Not ist gross!

Die Tatsachen sind bekannt, die Medien berichten ab und an darüber, und dennoch ist wahrscheinlich vielen Menschen nicht bewusst, warum Social Bots eine echte Gefahr für Demokratien sein können.

«Social Bots sind» – so definiert es die Brockhaus Enzyklopädie – «autonom agierende Programme, die in der Lage sind, menschliche Kommunikationsmuster zu imitieren.» Oder anders formuliert: Eine Software kann nicht intelligent sein, aber sie kann so programmiert werden, dass Menschen denken, sie hätten es mit Menschen bzw. mit Intelligenz zu tun.

Und da setzen die Programmierer an: Social Bots interagieren im Sinne der Auftraggeber mit Menschen auf sozialen Medien oder sonstigen Websites: Sie kommentieren, provozieren oder führen Gespräche, und sie machen das effizienter und flächendeckender – ! – als jeder reale Mensch. Dass dies bereits gemacht wird, darüber muss nicht gemutmasst werden. Es ist eine Tatsache, und die Gefahr für den öffentlichen Diskurs ist real.

Warum das so ist?

Es liegt im Interesse von Machtzentren, Parteien und sonstigen öffentlich exponierten Stellen (und deren PR-Strategen), die Diskussionen auf allen Kommunikationskanälen zu kontrollieren oder zu beeinflussen: Das ist nicht neu, deswegen aber nicht zwingend gut und ist auch in Europa politischer Alltag.

Gefährlich wird es aber, wenn über Social Bots ein gesellschaftlicher Trend ausgelöst oder ein Meinungsbild generiert wird, welches mit der Realität nichts gemein hat: Gezielt Beiträge zu liken und zu retweeten ist dabei noch die einfachste Form der systematischen Einflussnahme. Die Wirkungskraft ist potenziell enorm und wird allgemein unterschätzt.

Bei der Brexit-Abstimmung oder im US-Wahlkampf wird den Bots einen grossen Einfluss auf die Meinungsbildung nachgesagt und die AfD will, wie kolportiert wird, gezielt Bots für die Meinungsbildung anwenden. Und obwohl die Schweiz sich gerne als Insel sieht: Sie ist es nicht; auch bei uns tummeln sich Heerscharen solcher Bots auf sozialen Medien.

Ob wir sie je wieder loswerden die Geister, die wir riefen?

 

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Der Titel der Kolumne und die letzte Zeile nehmen Bezug auf die wunderschöne Ballade von Johann Wolfgang von Goethe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Zauberlehrling

Zum Lesen:

«Beerdigen netto»

Einer meiner Berufe ist der des Übersetzers. Aus «fremden» Sprachen in meine eigene, das Deutsche. Um ein guter Übersetzer zu sein, muss ich die «fremde» Sprache verstehen und meine eigene ausserdem lieben… Als Liebhaber meiner Sprache habe ich viel zu leiden, weil immer öfter – vor allem in diesem «Internet» – meine Sprache entweder gar nicht oder nur von diesen «Übersetzungsmaschinen» bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt anzutreffen ist. Das liegt daran, dass dieses «Internet» sagt, eigentlich bräuchten die Wörter anderer Sprachen gar nicht mehr übersetzt zu werden, weil sowieso längst überall die «Weltsprache» verstanden werde. Ein Beispiel: Wenn ein Mensch von etwas sehr beeindruckt ist, sagt er – Sie wissen es: «Wau!» Und zwar den ganzen Erdball rauf und runter, von Kirkenes bis Ushuaia, den ganzen Erdball hin- und herüber, von Tijuana bis Fukushima – alle sagen überall «Wau!» Wozu also dieses Wort übersetzen?  Auf deutsch vielleicht? «Wuff!»

Aber was hat das mit diesem Internet zu tun? Seine Schlüsselwörter sagen es: Internet, World Wide Web, Website, Homepage… Versteht jeder! Brauchen keine Übersetzung.

Oder doch nicht?

Dann verleugne ich jetzt mal den Sprachliebhaber in mir und spiele Übersetzungsmaschine.

«We proudely present you in German»:

World Wide Web: «Diesseitig ausgedehnte Schwimmhäute.»

Internet: «Beerdigen netto.»

Website: «Papierrollenbaustelle.»

Homepage: «Binnendiener.»

Sie finden das nicht lustig? Ich auch nicht. Weil erstens dieses Internet die Beliebigkeit zum Mass aller Dinge macht: «Kommt ja nicht drauf an, Hauptsache gegoogelt.» Und zweitens weil es genauso bedrohlich ist für alle Gesundheiten dieser Welt wie die Krebszelle. Sie gibt keine Ruhe, bis sie jede einzelne Körperzelle von Ushuaia bis Kirkenes, von … Sie wissen schon… ihr selbst gleichgemacht hat, Krebszelle geworden ist. Sie tut also genau das Gleiche wie dieses Internet und seine Übersetzermaschinen.

Sie geben keine Ruhe, bis jedes einzelne Wort in dieser Welt in die neue Weltsprache «Beliebig» übersetzt worden ist:

«Beerdigung netto!»

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Das ist ein Gastbeitrag von Erich Liebi.