HIPPO vs. Testkultur

Wenn Sie ein Flusspferd vor sich sehen, ist das sympathisch. Doch unser HIPPO meint die «Highest Paid Person’s Opinion» – die Meinung der ranghöchsten Person: Zu oft entscheidet die Chefposition, was auf der Website, in einer Applikation oder in den sozialen Medien sinnvoll und cool für das Geschäft ist.

Derlei Persönlichkeiten berufen sich gern auf ihr Bauchgefühl und ihre Erfahrung, die sie kraft ihres Amtes haben (würden) – die allwissende Teppichetage …

Dabei ist vielmehr der Grundsatz, Prozesse, Layouts, Konzepte und Ideen bis ins letzte Detail zu hinterfragen, die Basis für bestmögliche Ergebnisse!

Und in diesem Fall – um dem Einwand kreativer Menschen zuvorzukommen – geht’s weder um reine Emotionen («Zeig keine Freude, löse sie aus!») noch um blosse Ideen, sondern schlicht um bodenständiges Handwerk und damit um Benutzerfreundlichkeit.

Eine Testkultur für Webprojekte in einer Firma zu etablieren, ist anspruchsvoll, da es dabei nicht primär ums Testen geht.

Vielmehr müssen interne Entscheidungsprozesse geändert werden, um schliesslich objektiv, unvoreingenommen, mit systematischer Beobachtung, experimentell und vor allem unabhängig von der Meinung einzelner «Bestbezahlter» und «Chefinnen» zu handeln.

Neugierde, Bauchgefühl und Offenheit für «andere Lösungen» sind die Stichworte dazu.

Viele Unternehmen, wie etwa Booking.com oder Amazon, aber auch Digitec oder Galaxus, setzen, um Konversionen zu erhöhen, Verkäufe anzukurbeln und Interesse zu generieren, auf eine ausgeklügelte Testkultur.

In dieser zählen alle Stimmen (unabhängig von jeder Hierarchie!) und – eben – die Ergebnisse, die oftmals «anders» sind als ursprünglich angenommen.

Offenheit hilft, Schlussfolgerungen zu ziehen und diese für den eigenen Erfolg ein- und umzusetzen.

HIPPOs sind in aller Regel nicht der Weisheit letzter Schluss!

Benutzerfreundlichkeitsprobleme  

Das Wort widerspricht sich selbst: 31 Zeichen, um Methoden, Konzepte, Vorgänge, Layouts oder Designelemente zu bezeichnen, die «nicht gut» sind.

Von Nichtkundigen übrigens gerne als Bug bezeichnet, führen «Benutzerfreundlichkeitsprobleme» dazu, dass Klick- oder Handlungsaufforderungen (über Click-to-Action-Elemente) nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Die Vielfältigkeit derartiger Probleme ist so gross, dass eine Definition schwierig ist: Ähnlich, wie die Aussage, das Internet scheine kaputt zu sein, meistens nicht wörtlich zu verstehen ist, kann ein Benutzerfreundlichkeitsproblem zum fatalen Abbruch eines Websitebesuchs führen, ohne als solches erkannt zu werden.

Doch wie schafft man Websites und Applikationen, die «benutzerfreundlich» sind?

Zuallererst definieren Sie 1. die Zielgruppe klar und unmissverständlich, denn die Internetseite muss, wenn Teenies angesprochen werden, ganz sicher anders aussehen, als wenn man geriatrische Dienstleistungen anbietet.

Ein Muss ist 2. die Optimierung für mobile Endgeräte – und zudem sind 3. Ladezeiten im Millisekundenbereich ein Dienst am Anwender und der Benutzerin von Webangeboten. Die Inhalte und die Struktur des Webauftrittes 4. verständlich und einfach zu halten und 5. die Gestaltung an die Zielgruppe anzupassen, sollten Selbstverständlichkeiten sein. Wenn man 6. dezent, aber sonnenklar alle Kontaktmöglichkeiten aufzeigt, 7. mögliche Fragestellungen der Kundschaft offen und transparent beantwortet sowie 8. den Inhalt sauber und verständlich formuliert, steht dem Erfolg wenig entgegen.

Liest sich das wie die Anleitung, Wasser zu kochen?

Ja, dann … streichen Sie die letzten neun Buchstaben des Titels!

Welche Sprache sprechen Sie?

Es scheint auf der Hand zu liegen, auf diese Frage mit «Deutsch» zu antworten, eine andere Muttersprache zu nennen oder gar all die jemals erlernten Fremdsprachen aufzuzählen.

Die gleiche Sprache sprechen heisst aber nicht zwingend sich verstehen.

Zur Erläuterung: Sich mit Wissenschaftlern über Detailfragen der Quantenmechanik zu unterhalten, ist ziemlich aussichtslos, wenn man von Physik nichts versteht. Freche Seelen würden als weiteres Beispiel auf die Schwierigkeiten der Kommunikation zwischen den Geschlechtern hinweisen: «Du kommst heute spät» kann nichts und doch alles bedeuten.

Dass potenzielle Kunden oftmals Anbieter im Web nicht finden und stundenlang nach Lösungen für ein Problem suchen, während Dienstleister «Produkte» anpreisen und beschreiben, ist schulbuchmässiges Marketingversagen.

Die Fragen nämlich, die wir bereits letzten Monat an dieser Stelle diskutiert haben, sollten (auch) zu einem Verständnis dafür beitragen, wie potenzielle Kunden nach Dingen suchen: Menschen beschreiben bei ihrer Suche nach Lösungen Probleme oder Situationen, nicht aber Produkte!

Wenn ein Unternehmen für Abflussreiniger sich an Endkunden richtet, sollten unbedingt auch Suchwörter wie «WC verstopft», «Haare WC», «Haare Brüneli» etc. aufgeführt werden. Es ist kein Zusatzaufwand (!), wenn das Unternehmen die Produkte aus der Fragestellung bzw. aus der Sicht des Kunden oder des Problems präsentiert. (Im Übrigen stehen auch B2B-Unternehmen vor ähnlichen Problemen – nur dort sind die Fragestellungen anders zu formulieren.)

Erfolgreich auf sich aufmerksam zu machen, ist am Ende immer eine Frage der Sprache – und damit des Verständnisses: Wie will man wahrgenommen und (eben!) gefunden werden?

Und um die Eingangsfrage zu beantworten:
Hoffentlich die ihrer Kunden!