Bilderflut.

Vor wenigen Wochen habe ich den Filmklassiker „die zwölf Geschworenen“ aus dem Jahre 1957 geniessen dürfen. Ein Film, der bereits nach wenigen Minuten Spielzeit mehr Geschichten und noch mehr Charakterzüge beschreibt, als manch‘ Hollywood- oder RTL-Blockbuster der letzten zwanzig Jahre. Die eindringliche Ruhe der Kameraführung, die klaustrophobische Stimmung im überhitzten Raum und die intelligenten Dialoge haben mich schwer beeindruckt. Und das bei jemandem, der mit Sony-Röhrenfernseher, C64-Spielen und dem Internet gross geworden ist.

Die ständige und ununterbrochene Bilderflut im Internet ist eine Qual. So definiert Jay Bear (Internetautor und Querdenker) den alltäglichen Bildersturm gar als „visuelle Umweltverschmutzung“ und trifft damit den Nagel auf den Kopf bzw. den Nerv der Zeit. Wenn nämlich die Zeit zu fehlen beginnt, dann sind wir schon mehr als nur überflutet – wir ertrinken förmlich. Vielfach wird mittlerweile der tägliche Bildersturm mit der modernen Zivilisationskrankheit „E-Mail“ verglichen. Wir beginnen Bilder auszublenden, sehen auf Websites nur noch Farben und Schatten – ohne Drogen! – und suchen verzweifelt nach Inhalten.

Es mag sein, dass ein Bild mehr als tausend Wort sagt. Aber wenn Sie keine Botschaft haben, dann wird auch kein Bild die Leere zu füllen wissen – sondern schlicht als ungeliebten Platzhalter sein Dasein fristen. Ein guter Text kombiniert mit einem guten Bild ist die Königsdiziplin. Keine Frage. Aber dennoch ist es immer noch so, wie es mir Reinhold Weber in den tiefen 90er Jahren beibrachte: „Ein guter Text braucht kein Bild.“

Seien Sie daher sparsam mit dem Einsatz von Bildern im Webauftritt. Wenn Sie nichts zu sagen haben, dann halten Sie besser die Klappe. 😉

Was uns faktisch wieder zum Film führt:
Klappe und „The End“.

Schnell, einfach, erfolgreich.

Beim Siegeszug der Eisenbahn im 19. Jahrhundert warnten Wissenschaftler davor, dass die hohen Geschwindigkeiten – damals fuhren die Eisenkolosse ziemlich schnelle 30 km/h – für Passagiere gefährlich sein könnten. Man sprach von der Eisenbahnkrankheit, die zu Gehirnverletzungen oder zum Erstickungstod führen könnte. Welch Glück haben sich die Befürchtungen von damals nicht bewahrheitet.

Gleichwohl bleiben hohe Geschwindigkeiten in vielen Dingen ein gesundheitliches Risiko. Denn auch wenn alles schneller wird und man immer mehr Tätigkeiten in immer weniger Zeit reinpackt, bleibt am Ende des Tages trotzdem nicht mehr Zeit für uns übrig: Wir fliegen schneller, also reisen wir weiter weg; die Nachrichten werden immer häufiger aktualisiert, also klicken wir uns öfter in die Medienwebsites; die Kunden möchten alles gestern geliefert haben, also arbeiten wir bis in alle Nacht hinein, das Verkaufsgespräch endet in einer weiteren Offertenrunde, also formulieren wir übers Wochenende ein neues Angebot. Dass wir dabei krank werden, merken wir erst, wenn es zu spät ist.

Bei Websites hingegen gilt eine hohe Verständnisgeschwindigkeit – wie schnell sich ein Websitebesucher orientiert, wie einfach die Website zu verstehen ist und wie viel der Besucher sich dabei merken kann – als das wichtigste Kriterium für Benutzerfreundlichkeit überhaupt.

Versteht ein Besucher eine Website nicht auf Anhieb und kann er sich nicht orientieren, so kann das tatsächlich ausserordentlich unangenehme Stress-Symptome auslösen. Eine benutzerfreundliche Website ist daher nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern hilft auch allgemein der Gesundheit von Websitebesuchern.

Die Krankenkassen werden es Ihnen danken.

Kannibalisiert der Online-Shop den stationären Handel? – eine Diskussionsbeitrag von Diego Bernardini

Um es gleich vorwegzunehmen: Jain – der Online-Handel kannibalisiert den stationären Handel nicht (fest). Zugespitzt lässt sich feststellen, dass die geschickte Verknüpfung aller Informations- und Vertriebskanäle für erhöhte Kundenzufriedenheit und damit auch für mehr Umsatz sorgt. Im 21. Jahrhundert existieren die Vertriebskanäle aus Kundensicht nicht nebeneinander, sie werden während eines Kaufprozesses sogar beliebig kombiniert.

In der Folge bedeutet dies, dass das sogenannte „Cross-Channel-Management“ – die Verknüpfung von mehreren Informations- und Einkaufsmöglichkeiten – für gute Wachstumschancen sorgt, die ein rein stationärer Händler heutzutage nicht mehr unbedingt hat. Dem reinen Online-Händler entgehen diese Wachstumschancen selbstredend natürlich auch.

Es geht um den Kundennutzen

Die Wachstumschancen der Händler ergeben sich aus dem veränderten Einkaufsverhalten der Kunden. Es sind die technologische Entwicklung und die Verbilligung von Endgeräten in den letzten Jahrzehnten, die den Kunden neue Möglichkeiten bieten. Wenn wir als Konsumenten etwas lieben lernen, dann, weil wir einen subjektiven oder gar einen effektiven Nutzen daraus ziehen können: Alles andere versinkt im Ozean technologischer oder konzeptioneller Einbahnstrassen. Die Chance, aus verschiedenen Möglichkeiten wählen zu können, gewinnt langfristig eindeutig gegenüber einer Einbahnstrasse. Die zunehmend multioptional handelnden Kunden wollen während des gesamten Kaufprozesses immer häufiger zwischen mehreren Informations- und Einkaufskanälen wechseln: So informieren sie sich in der Zeitung oder im Fernsehen über ein Produkt, überprüfen die Verfügbarkeit im Internet, lassen sich in einem Laden persönlich beraten, kaufen und bezahlen dann aber online, fragen den Lieferstatus per SMS ab und holen das Produkt entweder im Laden ab oder lassen es sich nach Hause liefern. Wenn dann doch etwas nicht zufriedenstellend ist, greifen viele Kunden noch immer zum altbewährten Telefon, schreiben eine unangenehme E-Mail oder lassen ihrem Unmut auf einer der zahlreichen Social-Media-Plattformen freien Lauf. Um diesem modernen Kundenbedürfnis gerecht zu werden, müssen Händler – egal welcher Grösse und mit welchem Umsatz – über Cross-Channel-Management nachdenken. Es bleibt natürlich eine strategische Unternehmensentscheidung, welche Kanäle man bedienen will (oder kann); das moderne Kundenbedürfnis bleibt davon jedoch unberührt. Die zur Verfügung gestellten Kanäle definieren höchstens die Art und Weise, wie ein Händler mit dem Bedürfnis nach Multioptionalität der Kunden umzugehen gedenkt. Es geht dabei um den höheren (und geforderten) Gesamtnutzen. Was bei einer Website die „User Experience“ – das Benutzererlebnis beim Besuch einer Website – ist, ist beim modernen Wareneinkauf die „Customer Experience“: das Kundenerlebnis.

Einkaufen ist schon lange kein rein organisatorischer Ablauf mehr, sondern muss – sogar bei der Besorgung von Lebensmitteln oder von low-interest-Produkten – zum Erlebnis werden. Selbstverständlich nervt eben formulierte Aussage, weil es im 21. Jahrhundert eine Binsenwahrheit sein sollte. Aber Hand aufs Herz: Haben es wirklich alle Händler in der kleinen-grossen Schweiz begriffen und verinnerlicht?

Logische Entwicklung der letzten Jahrzehnte

Denn obwohl „Single-Channels“ während Jahrzenten gut funktioniert haben, sind sie aus Sicht des Gesamtmarktes und des modernen Kunden vorbei. Der Siegeszug des Internets, die Entwicklung von immer leistungsfähigeren und für den Massemarkt erschwinglichen Endgeräten haben neue Bedürfnisse entstehen lassen und damit das Verhalten und die Wünsche von Kunden verändert. Diese unaufhaltsamen Neuerungen haben zur „Multi-Channel“-Strategie geführt: Über mehrere Kanäle kann der Kunde das gleiche oder ähnliche Angebot zum gleichen oder fast gleichen Preis einkaufen – allerdings werden die Kanäle dabei nur marginal bis gar nicht miteinander verknüpft. Viele Händler und Unternehmen in Schweiz haben diese marktlogische Entwicklungsphase bereits erreicht. Aus dieser Phase heraus ergeben sich – im Gegensatz zum „Single-Channel“-Dasein – verschiedene Wachstumschancen: Grössere Präsenz und damit auch eine bessere Auffindbarkeit im Markt stärken die eigene Marke, was wiederum insgesamt positiv auf bestehende Kunden wirkt, neue Kunden anzieht und damit den Umsatz wachsen lässt.

Marktleader jedoch – wie zum Beispiel Coop, Jelmoli, Tchibo oder auch Digitec (die zwar mittlerweile auch zur Migros gehören) – haben bereits den nächsten Schritt und damit die Phase des „Cross-Channel-Managements“ erreicht und bedienen ihre Kunden vernetzt über alle Informations- und Vertriebskanäle. Damit können Kunden barrierefreies „Channel-Hopping“ betreiben – sie wechseln nach Lust und Laune und auch innerhalb eines einzelnen Kaufprozesses von Kanal zu Kanal. Dass dies verschiedene Anforderungen an den Händler stellt, soll nicht unerwähnt bleiben. Denn gerade die klare Differenzierung der einzelnen Kanäle ist ausserordentlich wichtig, da der Kunde wissen muss, welchen Mehrwert ihm ein einzelner Kanal zu bieten hat. Im Gesamtpaket entstehen wiederum weitere (und noch bessere) Wachstumschancen: Bestehende Kunden sind zufrieden, weil ihr Bedürfnis nach Wahlfreiheit befriedigt wird, das schafft eine starke Bindung zur Marke und es verhindert eine Abwanderung zur Konkurrenz. Der Effekt geht gar so weit, dass man nicht mehr nur von Kundenakquisition und –bindung spricht, sondern auch von Kundenentwicklung: Das Interesse für weitere Produkte des Händlers steigert sich durch den Online-Shop und damit steigt auch die Nachfrage (Emrich & Rudolph, 2011).

Als „Cross-Channel“-Anbieter bietet man dem Kunden mehr Bequemlichkeit beim Einkauf, eine grössere Flexibilität und ein einfacheres und damit besseres Einkaufserlebnis durch das „Channel-Hopping“.

Eins bleibt unverändert

Das Kundenvertrauen in den Händler ist jedoch immer noch das wichtigste Argument im Kaufprozess und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Im Händler-Haifischbecken gewinnen die, welche das Vertrauen der Kunden haben und jeden Tag aufs Neue zu gewinnen wissen.

Wie gut, dass gewisse Marktregeln von Bestand sind.