#ichbinalt.

Das Ding da oben nennt man „Hashtag“ und vereinfacht auf sozialen Netzwerken im Internet die Verschlagwortung eines Textes und ermöglicht das automatisierte Zusammenführen von Inhalten unterschiedlichster Quellen.

Wenn ich solche Sätze schreibe, dann frage ich mich zeitweise ernsthaft, ob ich mit dem Internet meinen Lebensunterhalt verdienen will. Aber wie sagt man so schön: Hättest was Gscheites gelernt, dann…

Ja, dann wäre ich steinreich, Putin hätte die Krim in Ruhe gelassen, es würden weltweit keine Kriege wüten, im Mittelmeer keine Menschen ertrinken und im Netz keine Kreditkartennummern geklaut: #friedeaufderwelt

Wenn Sie nun aber erwarten, dass ich schlecht über Hashtags schreibe, dann irren Sie sich. Mir gefällt das Hashtag-Konzept für eine bessere Auffindbarkeit im Netz.

Was mich aber stört, sind Einträge, die ein banales Ferienfoto mit den Etiketten #food #ferien #ichfindsgeil #miami #sogeil #wahnsinn #ichwarda #immerwiedergerne #freunde #yeah etc. verschlagworten. Da würde ich ohne Zögern alle virtuellen Doppelkreuze aus dem Bildschirm saugen, einen realen Morgenstern basteln und mit vollster Wucht in die digitale Sphäre zurückschlagen.

Während früher unter einem gewöhnlichen Sonnenuntergangsbild schlicht „Sonnenuntergang auf Madeira“ stand, so liest man heute #madeira #sonnenuntergang #beautiful #geil #ichwarda #ip6photo.

Dass eine solche Verhäschtägung für Maschinen und newssüchtigen Menschen Sinn machen kann, bezweifle ich nicht.

Gleichzeitig empfinde ich es als Zumutung. Denn im Grunde sagt mir jeder inflationäre #Häschtägger: Wichtig ist nicht, was Du (Mensch!) liest, sondern dass es gefunden wird.

Die Lösung? Zuerst einen treffenden Bildtitel formulieren und dann einen oder zwei Hashtags dazu.

Oder – mir zuliebe – auch nur den Bildtitel. 😉

Kaputtes Internet.

Ende der Neunziger Jahre demonstrierte ich meinem Bruder meine neuste Anschaffung: Ein Palm Pilot. Das war damals quasi das heutige Smart-Phone, jedoch ohne Telefon (und zudem war es langsam und wog gefühlte fünf Kilo).

Aber ich konnte meine Termine mit dem Computer abgleichen und hatte meine Zeitplanung im Griff. Meinem Bruder machte das wenig Eindruck. Er nahm seine urzeitliche Papieragenda zur Hand und warf sie gegen die Wand. Mit einer schwungvollen Handbewegung nahm er sie wieder vom Boden auf. Dann setzte er sich mit nicht zu überbietender Lässigkeit neben mich und fragte, ob das mein komisches „Ding“ auch überleben würde? Die Frage habe ich mittlerweile dutzendmal mit „Nein“ beantworten können.

Seit damals habe ich etliche Smart-Phones – im Sinne einer konsequenten und langjährigen Anti-Aggressionstherapie – gegen Wände aller Art geworfen. Dass keines je überlebt hat, liegt an meiner perfektionierten Wurfweise. Bei meinem letzten Wutanfall schleuderte ich es jedoch dummerweise gegen den einen Bildschirm im Büro, welcher rückwärts vom Tisch fiel und den zweiten Bildschirm gleich mitzog: Das war doof.

Es steht ausser Frage, dass intelligente Telefone, smarte Uhren oder mitdenkende Kleider aller Art unser Leben beeinflussen. Ob diese Dinge das Leben auch besser machen, steht nicht zur Diskussion. Wir haben uns dem technischen Fortschritt verschrieben: Programmierbare Geräte sind zu einer modernen (und kaufbaren) Religion geworden.

Ich bin nicht altmodisch, aber eine Zuschrift zur letzten Kolumne hat mich nachdenklich gemacht. Darin fragte mich ein Leser, ob das Internet uns nicht kaputt mache.

Das weiss ich nicht.

Ich weiss aber, dass wir dem Internet den Zugriff auf uns verwehren können. Und dazu braucht es dann und wann einen gezielten Wurf.

Der kann – ganz ehrlich – richtig gut tun.

Die Zukunft ist da.

Vor gut einem Monat wurden in Zürich die «Best of Swiss Web Awards» verliehen. Der Anlass ist viel mehr als nur eine Selbstbeweihräucherung – wie es die ADC-Preisverleihung für Werber (entgegen trotziger Gegenargumente) immer noch ist – der digitalen Industrie. Der erstmalig verliehene «Swiss Digital Transformation Award» ging an die SBB.

In der Argumentation der Jury heisst es, dass «alle SBB-Mitarbeiter mit persönlichen mobilen Endgeräten – und damit mit dem «digitalen Gen» – ausgerüstet wurden und der CEO die strategische Gesamtverantwortung für die digitale Transformation trägt.» Die SBB meint es mit der Digitalisierung ernst.

Schon in wenigen Jahren werden wir amüsiert auf den allerersten «Swiss Digital Transformation Award» zurück blicken. Dass man damals für solch‘ offensichtliche Dinge – wie die digitale Transformation – einen Preis für die Verfolgung ebendieser Strategie auf Scheffebene verliehen hat, wird uns dann erinnern, wie archaisch wir heute im Internet unterwegs sind.

Alles, was sich digitalisieren lässt, wird digitalisiert – so einfach ist das.

Auch in der Bauindustrie ist die digitale Transformation das grosse Thema. Gebäudeautomation oder intelligentes Wohnen sind dabei Schlagworte eines wachsenden Marktes. Dass Google bereits 2014 für drei Milliarden Franken das Unternehmen «Nest» (welches sich mit selbstlernenden Raumthermostaten und Rauchmeldern beschäftigt) gekauft hat, sollte uns «Bauchnuschtis» wach rütteln.

Veränderte Kundenbedürfnisse lassen Unternehmen entstehen, die sich in angestammten Geschäftsfeldern anderer ausbreiten. Dumm dabei ist, wer sich auf Sicherheiten der Vergangenheit verlässt und die Zukunft vergisst.

Die digitale Transformation wird aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen mit der Industrialisierung des 18. Jahrhunderts zu vergleichen sein.

Aber dieses Mal sind wir mit dabei!