Website und Social Media: Weshalb eine gepflegte Webseite die Pflicht und Social Media die Kür ist.

Da lehrt man uns jahrelang, der Entwicklung und Pflege von Unternehmens-Websites viel Herzblut und noch mehr strategisches Wissen zu opfern und nun soll alles vorbei sein? Nur weil ein paar junge (und durchaus intelligente) Köpfe vor wenigen Jahren Social-Media-Plattformen aus dem Boden gestampft haben? Das Internet – so könnte man fast meinen – existiert nicht mehr: Es gibt nur noch Facebook und ein paar Brösel daneben.

Doch so ist es zum Glück nicht.

So wenig wie Facebook das Internet ist, so wenig lässt sich gleichzeitig das Internet im Jahre 2012 ohne Facebook beschreiben. Dennoch scheinen bei vielen Unternehmen die Social-Media-Massnahmen überhandzunehmen. Und dabei wird viel zu oft und immer häufiger die gute alte (und bewährte!) Website vernachlässigt.

Kann man 20 Jahre nach dem ersten echten Browser und vier Jahre (!) nach der internationalen Lancierung von Facebook auf die eigene Webseite verzichten? Ist der Social-Media-Auftritt mittlerweile wichtiger als die eigene Webseite?

Social Media ist ein Sammelbegriff für Medien, in denen Erfahrungen, Meinungen, Bewertungen, Dateien oder Informationen unter Internetnutzern ausgetauscht werden. Dass diese Spielwiese der Konsumenten von Unternehmen gerne für eigene Werbe- und Marketingzwecke benützt wird, steht ausser Frage. Und dass man damit durchaus gutes Geld, aber vor allem – sofern es professionell koordiniert wird – gute Kontakte knüpfen und damit positiv auf das Firmenimage einzahlen kann, steht ausser Diskussion.

Sind nun aber Social-Media-Massnahmen tatsächlich Website-Killer?

Die Frage mag berechtigt sein, ist aber dennoch falsch. Die klassische Website (und auch die einfache E-Mail) wurden in den letzten 15 Jahren mehr als einmal totgesagt. Aber Totgesagte leben länger – nie war das Sprichwort treffender als in diesem Zusammenhang. Daher muss man nicht die hellseherischen Fähigkeiten eines Kartenlegers haben, um oben formulierte Frage ganz klar und mit Betonung zu verneinen. Ganz im Gegenteil erhält die Unternehmenswebsite je länger je mehr die wichtigste Rolle im digitalen Universum: Sie ist und bleibt das Kernstück der Online-Kommunikation und dient zusätzlich als Verweis für alle anderen Online-Dienste, die ein Unternehmen pflegt und unterhält. Das sind unter anderem Produkt- oder Service-Mikrosites, Newsletter, Apps für mobile Endgeräte, Downloadverzeichnisse, Xing- oder Linkedinprofile, Facebook-Fanseiten, Twitter-Acounts, YouTube- oder Vimeo-Ecken. Websites bleiben somit zentraler (und wichtigster!) Erfolgsbaustein der unternehmensweiten, digitalen Kommunikation, weil sie Vertrauen schaffen, überzeugen und die Marke ohne Nebengeräusche positionieren. Social-Media-Kanäle hingegen erfüllen andere – nicht minder wichtige – Funktionen im modernen Kommunikationsmix. Das eine gegen das andere auszuspielen, zeugt von kurzfristigem Denken.

Die Frage ist demnach nicht, ob man auf eine Website zugunsten von Social-Media-Massnahmen verzichten kann, sondern ob man neben der gepflegten und professionell gebauten Website noch genügend Ressourcen für Social-Media-Massnahmen hat.

Ist das nun eine Absage an all die wunderbaren Social-Media-Plattformen? Nein, ganz im Gegenteil. Aber Social-Media-Massnahmen sind in der Klaviatur des Kommunikationsmixes wie alle anderen Massnahmen auch nur jeweils einzelne Tasten.

Doch nicht die Tasten machen die Musik.
Es ist die Komposition.

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Nach Eintippen meiner Suchwörter in Google erhalte ich erstaunlich viele Suchergebnisse und klicke – wie es sich für Internet-User der ersten Stunde gehört – nicht beim erst-, sondern beim zweit- oder drittplatzierten Suchergebnis.

Mich begrüsst eine Bleiwüste. Und zwar eine, die der Definition nicht nur alle Ehre macht, sondern fraglos als Grundlage für ebendiese Definition dient. Die gefundene Website besitzt kein erkennbares Design, sondern besteht hauptsächlich aus Buchstaben, die bei näherem Betrachten durchaus die Form eines Textes annehmen, welchen man mit viel Konzentration und eisernem Willen lesen kann. In solchen Momenten wird mir bewusst, warum Schriftsetzer und Typografen auch heute noch die wahren und einzigen Helden der Benutzerfreundlichkeit sind.

Also kämpfe ich mich durch den Text und versuche den Erklärungen für „Bautrocknung“ im Detail zu folgen. Die ausserordentlich scharfzüngige Bemerkung meines Geschäftspartners (ob ich einen Pixel am Bildschirm verloren hätte) überhöre ich gütig, wohl wissend, dass meine auf wenige Zentimeter geschrumpfte Nähe zum Bildschirm eine solche Aussage durchaus provozieren könnte.

Nach zehn Minuten gebe ich auf. Der Back-Button bringt mich mit einem Gefühl des Nachhausekommens zurück zu Google. Beim nochmaligen Überfliegen der Suchergebnisse finde ich die gesuchten Antworten im Titel eines Links, klicke drauf, lese den Artikel über die SIA-Norm 253/5 und bin glücklich.

Warum Unternehmen immer noch halbe Romane im Web publizieren und diese weder mit einer sinnvollen Schriftgrösse formatieren noch mit lesefreundlichen Zwischentiteln und Abschnitten versehen, ist mir ein Rätsel. Die Freude am Lesen und an der Website wird damit sicher nicht gefördert.

Und damit auch nicht die Freude am Unternehmen.

Iu-sa-bi-li-ti!

Dieser Anglizismus ist für die deutsche Sprache eine Frechheit sondergleichen. Noch umständlicher aber ist die Übersetzung in „Benutzerfreundlichkeit“. Man stolpert in einem sagenhaft langen Wort über acht Vokale und bricht sich – fast wörtlich – die Zunge daran. Die Länge des Wortes widerspricht der Einfachheit der Bedeutung.

Die Diskussionen, Konzepte, Strategien und Ausführungen um den Begriff und das Wesen der „Benutzerfreundlichkeit“ oder der „Gebrauchstauglichkeit“ im Internet sind indes seit je her ausgesprochen wichtig und haben im Laufe der Zeit bestimmt zu besseren – weil einfacheren – Websites geführt. Dennoch geht es im Internet eben nicht nur um die Einfachheit von Websites, sondern in erster Linie um die Erbringung von Dienstleistungen. Und nicht nur daran hapert es leider noch vielerorts.

Auf einer Baustelle in Norddeutschland las ich vor ein paar Wochen auf einer Bautafel: „Unsere Website informiert Sie detailliert über den Baufortschritt.“ Das nahm ich selbstverständlich wörtlich und habe voller Vorfreude über den abgebildeten QR-Code mit meinem Mobiltelefon die Website aufgerufen.

Und dann war ich sprachlos.

Die aufgerufene Seite war – erstens – für mobile Endgeräte optimiert, sie erklärte – zweitens – um was es bei dieser Baustelle ging, zeigte – drittens – den momentanen Stand der Dinge auf den heutigen Tag (!) aktualisiert an und stellte – viertens – eine Kontaktperson für weiterführende Informationen vor.

Nachdem ich die Sprache wieder gefunden hatte, klickte ich auf die Telefonnummer. Der Herr am anderen Ende der Leitung freute sich gleichermassen über meinen Anruf wie ich mich über seine Website.

Dass ich dabei nur die Hälfte des Telefonats verstanden habe, hat wohl einzig mit der plattdeutschen Sprache zu tun. Die ist nämlich alles andere als einfach.