Der fehlende Puzzlestein.

„Bitte Textoptimierung für Suchmaschinen vorsehen“ stand in einem Briefing einer Werbeagentur an unsere Adresse – das hat mich erstaunt und beim Weiterlesen gleichzeitig auch geärgert.

Die Formulierung „Textoptimierung für Suchmaschinen“ empfinde ich letztlich als eine Ohrfeige an mein Sprachverständnis. Trotzdem umschreibt es die moderne Textarbeit sehr gut: Websitetexte werden nicht einfach für Leser geschrieben, sondern sollten gleichzeitig für Suchmaschinen optimiert werden. Damit wird die Auffindbarkeit im Netz verbessert. Das verändert nicht nur den Stil und den Sprachfluss, sondern hat wesentlichen Einfluss auf die inhaltliche Struktur eines einzelnen Textes und der gesamten Website: Textaufbau, prozentuale Wortdichte, Stichwortverteilung und latente semantische Optimierung (!) sind dabei nur einige der wichtigen Kriterien.

Aber Textoptimierungen sind nur eine Teilaufgabe bei der Suchmaschinenoptimierung: Nicht alle Werbeagenturen haben das jedoch verstanden und leisten sich in dieser eminent wichtigen Aufgabe grosse Patzer und dumme Versäumnisse.

Als ich das Briefing weiter las und die Layouts zur Website anschaute, wurde mir Angst und Bange: Im 2013 eine Website zu designen, welche eine 1:1-Kopie der klassischen Werbemassnahmen ist, verstösst gegen ziemlich jede Regel der Benutzerfreundlichkeit. Wenn Texte dann noch optimiert werden, ist das etwa gleich intelligent, wie den Helm nach der Kollision aufzusetzen.

Suchmaschinenoptimierung hat sehr viel mit dem Verständnis für Websitebesucher, noch mehr mit Benutzerfreundlichkeit und wahnsinnig viel mit durchdachten Konzepten zu tun. Jede konzeptionelle, visuelle oder technische Massnahme ist dabei jeweils nur einer von vielen Puzzlesteinen.

Wenn aber ein Stein fehlt, ist das Puzzle immer unvollständig.

Vertrauen.

Vier Liter Superbenzin habe ich getankt. Nicht, weil ich das innovativste Vierliter-Auto besitze, sondern weil auch vier Liter Superbenzin aus meinem Selbstzünder keinen Superdiesel machen, sondern immer einen ungewollten Stillstand: Entweder man merkt es vor dem Zünden des Motors oder aber der Motor meldet es mit einem sprichwörtlichen Motorschaden beim Fahren. Ich hab’s nach wenigen Sekunden, vier Litern und sechs Euro bemerkt. Danach folgten gefühlte vier Milliarden Fluchworte.

Nun bin ich in Thalwil oberhalb einer Tankstelle aufgewachsen und ich meinte mich zu erinnern, dass man früher im Winter ein paar Liter Benzin zum Diesel mischte. Also, dachte ich, sollten vier Liter auf eine Vollbetankung von 65 Litern keinen wahnsinnigen Einfluss haben. Ich nahm mein Handy zur Hand und suchte nach „Idiot Benzin Diesel“, was komischerweise nichts ergab. Die Suche nach „Benzin in Diesel getankt“ war erfolgreicher. Die TCS-Seite schreibt: Alte Autos – kein Problem; neue Autos – Stopp, aus & Amen.

Ich telefonierte, ein Abschleppdienst kam, sah, schmunzelte und schleppte uns in die nächste Garage nach Darmstadt. Während der Fahrt suchten wir online nach einem Hotel.

Abends ging mir durch den Kopf, dass ich – hätte ich ein Auto aus den 80er Jahren gehabt – den Tank nach meinem Missgeschick mit Diesel gefüllt und weitergefahren wäre. Dies, weil ich den Informationen auf der Website vertraute.

Wir empfinden Websites dann für vertrauenswürdig, wenn man die inhaltliche Glaubwürdigkeit überprüfen kann, der Absender erkenn- und identifizierbar ist, das Design dem Inhalt folgt, die Seiten einfach und funktional aufgebaut sind, die Informationen aktuell sind und keine offensichtlichen Fehler aufweisen. Und wenn dann noch Mitarbeiter zu sehen sind, welche die professionelle Glaubwürdigkeit untermauern, schliesst sich der Kreis.

Gut habe ich meiner Erinnerung misstraut.

 

Bilderflut.

Vor wenigen Wochen habe ich den Filmklassiker „die zwölf Geschworenen“ aus dem Jahre 1957 geniessen dürfen. Ein Film, der bereits nach wenigen Minuten Spielzeit mehr Geschichten und noch mehr Charakterzüge beschreibt, als manch‘ Hollywood- oder RTL-Blockbuster der letzten zwanzig Jahre. Die eindringliche Ruhe der Kameraführung, die klaustrophobische Stimmung im überhitzten Raum und die intelligenten Dialoge haben mich schwer beeindruckt. Und das bei jemandem, der mit Sony-Röhrenfernseher, C64-Spielen und dem Internet gross geworden ist.

Die ständige und ununterbrochene Bilderflut im Internet ist eine Qual. So definiert Jay Bear (Internetautor und Querdenker) den alltäglichen Bildersturm gar als „visuelle Umweltverschmutzung“ und trifft damit den Nagel auf den Kopf bzw. den Nerv der Zeit. Wenn nämlich die Zeit zu fehlen beginnt, dann sind wir schon mehr als nur überflutet – wir ertrinken förmlich. Vielfach wird mittlerweile der tägliche Bildersturm mit der modernen Zivilisationskrankheit „E-Mail“ verglichen. Wir beginnen Bilder auszublenden, sehen auf Websites nur noch Farben und Schatten – ohne Drogen! – und suchen verzweifelt nach Inhalten.

Es mag sein, dass ein Bild mehr als tausend Wort sagt. Aber wenn Sie keine Botschaft haben, dann wird auch kein Bild die Leere zu füllen wissen – sondern schlicht als ungeliebten Platzhalter sein Dasein fristen. Ein guter Text kombiniert mit einem guten Bild ist die Königsdiziplin. Keine Frage. Aber dennoch ist es immer noch so, wie es mir Reinhold Weber in den tiefen 90er Jahren beibrachte: „Ein guter Text braucht kein Bild.“

Seien Sie daher sparsam mit dem Einsatz von Bildern im Webauftritt. Wenn Sie nichts zu sagen haben, dann halten Sie besser die Klappe. 😉

Was uns faktisch wieder zum Film führt:
Klappe und „The End“.