Lupe.

Nicht nur beim Erklimmen von Pässen mit dem Rennrad merke ich, dass ich älter werde, sondern auch an banalen Dingen des Alltags. Meine Rennrad-Ambitionen lassen nach, die technischen Geräte um mich herum werden immer schneller und komplexer und Leonie, mein „Göttimeitli“, erklärt mir, wie ich auf Webseiten zu surfen habe: „Dänk, da klickä, nöd dettä.“

Älter zu werden, ist eine gute Sache: Man wird (hoffentlich) gelassener, hat in manchen Dingen eine bessere Übersicht, die guten Freunde haben sich bewährt und man weiss, auf wen man sich verlassen kann. Ärgerlich hingegen ist es, wenn man fürs Älterwerden durch falschen Einsatz von Technologien bestraft wird…

Dass moderne Bildschirme heutzutage unglaubliche Bildschirmauflösungen haben und mit weit über 1600 Pixeln in der Breite – im wahrsten Sinne des Wortes – punkten, ist natürlich eine Wohltat und ein willkommener Fortschritt. Wenn aber der Homepage-Gestalter die Schriftgrössen nicht an die höheren Bildschirmauflösungen anpasst, dann brauche ich keine bessere Brille, sondern ein Vergrösserungsglas.

Vor Kurzem hätte ich für einen befreundeten Architekten auf einer Texturendatenbank im Internet nach einem Baumaterial suchen sollen. Da ich aber genauso ausgeglichen bin wie Kapitän Haddock bei „Tim und Struppi“, brach ich die Übung nach wenigen Minuten ab. Die viel zu kleinen Schriften auf der Website entlockten mir eine wirklich ernstgemeinte Schimpftirade: „Schriftterroristen! Bildschirmanalphabeten! Computertöpfe! Sonntagsprogrammierer! Clubschulen-Designer!“.

Leonie, welche bis anhin konzentriert in ihrem Bilderbuch blätterte, musste Tränen ob meinem Ausbruch lachen. Als sie dann über den oberen Rand ihres Bilderbuches auf meinen Bildschirm schielte, meinte sie einsilbig: „Mach die Schrift grösser, ich kann nix lesen.“

Die Wahrheit kann so schön sein.

Ausgezeichneter Frühlingsmonat.

Jüngst hat mir ein guter Freund erzählt, dass er und sein Chef sich hinsichtlich der strategischen Ausrichtung der Firma nicht mehr einig sind. Zumindest ist das die offizielle Version, inoffiziell lässt sich der Bruch bestimmt anders formulieren. Aber das ist – um eine wunderbare Formulierung von Michael Ende zu übernehmen – eine andere Geschichte, die an anderer Stelle seine Zuhörer finden wird.

Und so entsteht in Zürich Altstetten in diesen Tagen eine neue Agentur. Dort wo der Mietpreis noch einigermassen bezahlbar ist und ein Mittagessen auch ohne dreimonatige Vorreservierung möglich ist.

In diesem – zugegeben nicht alltäglichen – Fall sind die über das Internet gefundenen Büroräumlichkeiten derart gross, dass sie geschickt und intelligent unterteilt werden müssen.

Die Mai-Kolumne erzählt sich damit fast von alleine und auch ganz schnell: Über search.ch findet mein alter Freund mehrere Systemwände-Anbieter im Grossraum Zürich; von fünf abgeschickten Kontaktformularen werden vier zufriedenstellend beantwortet; drei dieser Firmen haben Offerten formuliert und eine davon hat den Auftrag für sich verbuchen können. Und weil ein Betonboden zwar industriell-modern aussieht, aber glanzschuh- und schalltechnisch ein Horror ist, offeriert nun eine weitere Firma einen farbigen Kunstharzboden mit zusätzlicher Gummigranulatmatte.

Dass es das gibt und dass man das tun kann, wussten wir gar nicht. Im Internet aber haben wir sehr anregende Firmenwebsites gefunden, die auch uns Laien in gut verständlicher Sprache erklärt haben, was man mit Betonböden alles tun kann: Sie haben uns online eine Geschichte erzählt, den Sachverhalt erklärt und Vertrauen durch Glaubwürdigkeit und Kompetenz geschaffen.

Im Mai wird nun wirklich alles neu: Die Agentur, der Boden, die Systemwände und die Website.

Was für ein wunderbarer Frühling.

Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Eine Fürsprache für eine Entschleunigung der (Kommunikations-) Massnahmen im Internet und für eine gut durchdachte und konsequent angewendete Internet-Strategie.

Sie betreiben eine Website mit verschiedenen Kontaktformularen, haben auch die perfekte Darstellung für mobile Endgeräte produzieren lassen, Newsletter werden wöchentlich verschickt und die Mitarbeiter wissen, wie sie per Mail zu kommunizieren haben (Stichwort: Corporate-Mail-Behaviour), eine Facebook-Fanseite des Unternehmens ist eingerichtet, das ganze Management hat sich auf Xing registriert, die Firmenvideos sind auf YouTube und Vimeo auffindbar, das Suchmaschinenmarketing wurde extern vergeben, natürlich verdienen Google & Co über AdWords an Ihnen und für Online-Spiele und Apps haben Sie – welch Überraschung – kein Geld mehr . . . Ein unglaublich langer (und zeitraubender) Satz, nicht wahr?

Wohl macht das Unternehmen im obigen Beispiel beinahe Alles im Internet, aber macht es auch das Richtige? Wäre es – um den Unternehmensforscher Peter Ferdinand Drucker (1909 – 2005) beim Wort zu nehmen – nicht wichtiger, die richtigen Dinge zu tun, als die Dinge richtig zu tun?

Wie aber weiss man, was die richtigen Dinge sind?

Strategie wird im Fremdwörterbuch des Dudens wie folgt definiert: „Genauer Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein Ziel zu erreichen, und in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht“[1]. Kein Marketinglehrbuch definiert Strategie in ihrem Kern besser. Der gute alte Duden bleibt der Wahrheit treu und schmückt die Definition auch nicht weiter mit „Ressourcen“ oder Modewörtern wie „Aktionsprogrammen“ aus: Reduziert und auf den Punkt.

Damit liefert der Duden nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich den tatsächlichen Kern zur Strategie: Nur wenn sich ein Unternehmen auf die wesentlichen Ziele konzentriert, wird es erfolgreich sein. Dann nämlich – und nur dann – werden die richtigen Dinge gemacht. Einer Verzettelung auf unzählige Massnahmen, die unterm Strich nur Geld und Nerven kosten, kann so effektiv vorgebeugt werden.

Analysieren, fragen, schlussfolgern, machen.

Die allerersten Fragen, die deshalb zu klären sind:

  • Was will man generell mit dem Internet erreichen?
  • Welches Kundenproblem kann über das Internet gelöst oder – anders formuliert – welches Kundenbedürfnis kann direkt online befriedigt werden?

Die Antworten auf obigen Fragen sind die Leitplanken, innerhalb deren sich eine Internet-Strategie zu definieren hat. Auf diese Weise legt man die Ziele fest, die über das Internet zu erreichen sind und die – de facto! – die Erreichung der Unternehmensziele zu unterstützen vermögen.

  1. Konzentrieren Sie sich dabei im Internet auf die Ziele, welche auf das grundlegende Unternehmensziel hinarbeiten.
  2. Definieren Sie ihre Internet-Zielgruppe glasklar.
  3. Darauf aufbauend legen Sie die Inhalte (Botschaften) fest und grenzen alle Online-Massnahmen auf die angepeilte Zielgruppe ein.

Jede Massnahme muss anschliessend auf deren Wirksamkeit in Bezug auf die Ziele überprüft werden können. Denn „der genaue Plan des eigenen Vorgehens“ muss natürlich Erfolg haben: Aber das darf keine Frage von Gefühlen, sondern muss jederzeit eine messbare und somit überprüfbare Tatsache sein. Werden nämlich die definierten Ziele nicht über die eingeschlagenen Massnahmen erreicht, so sind nicht zwingend die Ziele falsch, sondern oft nur die Massnahmen oder die bedienten Kanäle (Website, E-Mail, AdWords, Facebook etc.). Dabei können Sie – um den Kreis zu Peter Ferdinand Drucker zu schliessen – durchaus alle Massnahmen richtig umsetzen, aber dennoch das Falsche machen.

Die Zielgruppe gibt demzufolge den Takt an: Die Botschaften müssen von der Zielgruppe gefunden, gelesen und erlebt werden. Und im besten Fall wird anschliessend buchstäblich die Aktion ausgelöst, die die Strategie als Ziel festgelegt hatte. Sei es nun der Klick auf das AdWord, das Ausfüllen einer Kontaktfrage oder schlicht das Lesen der neusten Pressemitteilung. Die konsequente Ausrichtung aller Massnahmen auf die Zielgruppe und die definierten Ziele lässt das Unternehmen und die Mitarbeitenden einheitlich und widerspruchsfrei kommunizieren, werben und handeln.

Zuerst einfach fragen und dann viel schwitzen.

Thomas Edison wird gerne mit seiner Aussage „Genie ist ein Prozent Inspiration und neunundneunzig Prozent Transpiration.“ zitiert. Bei der Ausarbeitung und Umsetzung einer Internet-Strategie verhält es sich glücklicherweise nicht anders. Es ist ein ausgesprochen intensives und selbstkritisches Stück Arbeit und es zwingt die Geschäftsleitung viele Annahmen, Ansichten und Vorgehensweisen im Detail zu hinterfragen und gegebenenfalls sogar über Bord zu werfen.

Denn der Regenwurm ist dem Fisch ein Leckerbissen und kein Köder. Viel zu oft aber werfen Angler ihre eigenen Delikatessen ins Wasser. Dann aber beissen die Fische nicht an.

Und dieser Wahrheit gilt es, sich zu stellen.

Voraussetzungen für die Entwicklung einer Internet-Strategie[2]

  1. Die in der Unternehmensstrategie eingebettete Internet-Strategie ist und bleibt „Chefsache“. Die Geschäftsleitung entzieht sich der Erarbeitung nicht und arbeitet persönlich mit, nimmt an Besprechungen/Workshops teil und hat bei der Umsetzung eine Vorbildfunktion.
  2. Eine komplette Auslagerung der Strategieentwicklung an externe Berater macht wenig Sinn: Die Kombination von externer Beratungsleistung und internem Wissen ist wahrscheinlich die beste und erfolgversprechendste Vorgehensweise.
  3. Alle beteiligten Mitarbeiter besitzen die Kompetenz zur Strategieentwicklung und haben Zeit für anspruchsvolle Aufgabe.
  4. Alle wesentlichen Abteilungen sind involviert.
  5. Der Zeitplan ist realistisch eingeplant und wird konsequent eingehalten.
  6. Der Erfolg der Strategie wird pedantisch und laufend mit geeigneten Kriterien überprüft.

[1] Duden – Das Fremdwörterbuch; 10. Aufl. Mannheim; © 2010

[2] Nagel, Reinhard; Lust auf Strategie. Workbook zur systemischen Strategieentwicklung; 2. Auflage; Schäffer-Poeschel; © 2009