Lupe.

Nicht nur beim Erklimmen von Pässen mit dem Rennrad merke ich, dass ich älter werde, sondern auch an banalen Dingen des Alltags. Meine Rennrad-Ambitionen lassen nach, die technischen Geräte um mich herum werden immer schneller und komplexer und Leonie, mein „Göttimeitli“, erklärt mir, wie ich auf Webseiten zu surfen habe: „Dänk, da klickä, nöd dettä.“

Älter zu werden, ist eine gute Sache: Man wird (hoffentlich) gelassener, hat in manchen Dingen eine bessere Übersicht, die guten Freunde haben sich bewährt und man weiss, auf wen man sich verlassen kann. Ärgerlich hingegen ist es, wenn man fürs Älterwerden durch falschen Einsatz von Technologien bestraft wird…

Dass moderne Bildschirme heutzutage unglaubliche Bildschirmauflösungen haben und mit weit über 1600 Pixeln in der Breite – im wahrsten Sinne des Wortes – punkten, ist natürlich eine Wohltat und ein willkommener Fortschritt. Wenn aber der Homepage-Gestalter die Schriftgrössen nicht an die höheren Bildschirmauflösungen anpasst, dann brauche ich keine bessere Brille, sondern ein Vergrösserungsglas.

Vor Kurzem hätte ich für einen befreundeten Architekten auf einer Texturendatenbank im Internet nach einem Baumaterial suchen sollen. Da ich aber genauso ausgeglichen bin wie Kapitän Haddock bei „Tim und Struppi“, brach ich die Übung nach wenigen Minuten ab. Die viel zu kleinen Schriften auf der Website entlockten mir eine wirklich ernstgemeinte Schimpftirade: „Schriftterroristen! Bildschirmanalphabeten! Computertöpfe! Sonntagsprogrammierer! Clubschulen-Designer!“.

Leonie, welche bis anhin konzentriert in ihrem Bilderbuch blätterte, musste Tränen ob meinem Ausbruch lachen. Als sie dann über den oberen Rand ihres Bilderbuches auf meinen Bildschirm schielte, meinte sie einsilbig: „Mach die Schrift grösser, ich kann nix lesen.“

Die Wahrheit kann so schön sein.