Bitte das Internet abschalten.

Vor einigen Tagen erreichte mich per Briefpost (!) ein Kommentar zu einer älteren Kolumne. Darin fragte mich ein Leser (nennen wir ihn Erich), ob man das Internet auch wie ein Buch „zuklappen und weglegen“ könne.

Das ist ja wohl keine Frage, dachte ich vorschnell. Natürlich kann man das Internet „zuklappen und weglegen“. Das geht zwar haptisch nicht so wunderschön wie mit einem Buch, welches man zuklappt und – bevor man es auf den Wohnzimmertisch zurücklegt – noch ein paar Minuten in den Händen hält, um sich gedanklich nochmals der Geschichte zu widmen.

So einfach ist das mit dem Internet nicht. Natürlich kann man – und Sie verzeihen mir das wortgewaltige Beispiel – den Laptop zuklappen und weglegen. Aber spätestens wenn man das schlaue Telefon zur Hand nimmt, ist man wieder online. Doch das Laptop-Beispiel stimmt auch dann nicht, wenn Sie tatsächlich der Minderheit angehören, die kein schlaues Telefon hat. Die E-Mail-Anfragen, Facebook-, Twitter-, Instagram-, Xing- und LinkedIn-Wichtigkeiten ihrer Geschäftspartner, Freunde, Möchtgernfreunde, Hassfreunde und sonstigen Unbekannten erreichen Sie spätestens dann wieder, wenn Sie sich einloggen und auf den Bildschirm starren: Die Online-Welt hat sich trotz sturer Offline-Haltung weitergedreht.

Ganz im Gegensatz zum Buch: Auch wenn man es erst Tage oder gar Wochen später wieder zur Hand nimmt, hat sich die Geschichte nicht verändert. Auch schmücken keine Kommentare den Bucheinband, niemand wird Seitenzahlen oder das Impressum „geliked“ haben und keine „Sie haben diese Seiten schon gelesen“-Warnung poppt auf, wenn man zwei-drei Seiten zurück blättert, um sich der Geschichte zu erinnern.

Ein Buch ist so wunderbar intim: Es gehört nur mir alleine. Und niemand wird meine Seiten „teilen“ oder die dümmsten Stellen „liken“.

Wo war nochmals der Ausschaltknopf?