Politik, Unternehmen und Websites – ein Rück- und Ausblick von Diego Bernardini

Yes, we still scan.

Es ist eine Mischung aus Gleichgültigkeit und Resignation, die den NSA Abhörskandal in unseren Breitengraden begleitet. Dass die da oben sowieso machen, was sie wollen, ist vielerorts zu lesen. Und dass es nicht nur die NSA ist, die tagtäglich unsere Mails nach Stichworten durchsucht und das Mail- und Surfverhalten analysiert, war auch kein Grund, um wirklich auf die Barrikaden zu gehen. Der Skandal war und ist bei uns eher ein Skandälchen, denn der Alltag scheint wichtiger: Keiner hat schliesslich zufälligerweise 17 Tonnen Sprengstoff per E-Mail bestellt, über Facebook zum Untergang der westlichen Freiheitsideale aufgerufen oder ist einem sentimentalen Terroristenclub beigetreten. Dabei basieren unsere Grundwerte auch auf die freie Meinungsäusserung. Genau diese aber werden durch eine flächendeckende Rasterschnüffelei nicht nur mit Füssen getreten, sondern regelrecht in den Boden gestampft. Wenn wir zwar sagen, schreiben oder publizieren können, was wir wollen, aber dennoch durch behördliche Stellen beobachtet, gespeichert und stichwort- oder verhaltensbasiert verfolgt werden, dann sind wir per se und grundsätzlich verdächtigt. Was die NSA – und andere Geheimdienste – sich geleistet haben, war und ist ein Frontalangriff auf die Demokratie. Sie sind damit keinen Deut besser als die Feinde, die sie möglicherweise zu beobachten versuchen. Bleiben wir auch 2014 wachsam.

Uncool

Internetangebote bleiben in ständiger Veränderung und was gestern noch hipp war, kann heute schon als uncool gelten. Wenn ein Unternehmen wie Snapchat ein Facebook Übernahmeangebot von drei Milliarden Dollars ablehnt, dann ist das mehr als eine Nachricht wert. Die lakonische Begründung des Snapchat-Chefs gefällig? „It’s not enough“ – oder frei interpretiert: Facebook ist vorbei. Wie das im Endeffekt zu interpretieren ist, überlasse ich gerne Ihnen. Es zeigt jedenfalls, dass auch eine Mitgliederzahl von über einer Milliarde Menschen keine Garantie für coolness ist und zusätzlich offenbart es das Dilemma in dem Facebook Ende 2013 steckt: Die Rolle als Platzhirsch im sozialen Web der Jugendlichen scheint nicht mehr garantiert zu sein. Über Snapchat und Whatsapp werden bereits heute (12/2013) mehr Bilder verschickt als über Facebook: Die Jungen grenzen sich gegenüber den Erwachsenen ab: Wenn Papa auf Facebook surft, dann bin ich weg – so die einfachste Erklärung dazu. Diese Entwicklung gilt es im 2014 weiterhin gut zu beobachten, da sich neue Anbieter, neue Ideen und spannende Projekte am Markt zeigen werden, die diesen Bedürfnissen eine vielleicht ungewohnte Lösung anbieten werden.

Und für Unternehmen?

Ein grosses Thema im 2014 wird die Optimierung von Websites sein – sei es für die Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit, die bessere Auffindbarkeit durch Suchmaschinen, die plattformunabhängige Darstellung oder aber die Prozessoptimierung etc.

Die Möglichkeiten des „responsive Designs“ (die dynamische Anpassung eines Websitelayouts an die Bildschirmgrösse) wurden von vielen Unternehmen 2013 genutzt. Dennoch gibt es noch sehr viele Websites, die sich mobil nicht optimal besuchen lassen. Dann ist es aber auch so, dass nicht wenige Werbe- oder Webagenturen (oder deren Designer) das Konzept eines sich dynamisch anpassenden Layouts schlicht überfordern und oft ins Lächerliche übertragen: Manchmal ist man besser beraten, wenn man für jeweilige Endgeräte ein eigenes Layout vorsieht. Das Autobeispiel macht es deutlich: Sie können durchaus mit einem tiefergelegten Maserati auf einem Waldweg fahren, aber unbedingt ideal ist das nicht; es kann sogar ziemlich daneben sein. Dass der von Gartner beobachtete Trend, wonach bis 2018 die Vielfalt der Geräte, Computing-Formen, Anwender-Umgebungen und Benutzerschnittstellen nochmals massiv zunehmen wird, nicht ganz neu ist, sollte uns allen klar sein. Ein jeder tut sich daher gut daran, sich weiterhin mit optimierten Darstellungs- und Inhaltsformen für jeweilige Endgeräte zu beschäftigen: Eine durchdachte Internet- und Inhaltsstrategie ist vielerorts angebracht.

Was sich hinter dem Begriff der „Suchmaschinenoptimierung“ versteckt, ist den meisten Unternehmen bekannt. Allerdings ist es erstaunlich, mit wie viel Halbwissen hantiert und im Graubereich gehandelt wird. Ein wachsendes Marktumfeld ruft immer auch unseriöse Firmen oder Einzelpersonen auf den Plan, die das Halbwissen der Unternehmen zum eigenen Vorteil zu nutzen wissen. Es seit daher (nochmals) erwähnt, dass Suchmaschinenoptimierung eine aufwändige Angelegenheit ist, die ohne eine solide Website-Analyse, eines darauf aufbauenden Konzeptes und viel Erfahrung keine grosse Aussicht auf Erfolg haben kann. Suchmaschinenoptimierung wird 2014 zu einem grossen Thema werden, auch weil es – spätestens seit den Panda- und Penguin-Updates von Google – immer stärker mit einer klaren Benutzerführung und damit einer einhergehend verbesserten Benutzerfreundlichkeit für Websitebesucher zusammenhängt.

Es bleibt spannend.

Der fehlende Puzzlestein.

„Bitte Textoptimierung für Suchmaschinen vorsehen“ stand in einem Briefing einer Werbeagentur an unsere Adresse – das hat mich erstaunt und beim Weiterlesen gleichzeitig auch geärgert.

Die Formulierung „Textoptimierung für Suchmaschinen“ empfinde ich letztlich als eine Ohrfeige an mein Sprachverständnis. Trotzdem umschreibt es die moderne Textarbeit sehr gut: Websitetexte werden nicht einfach für Leser geschrieben, sondern sollten gleichzeitig für Suchmaschinen optimiert werden. Damit wird die Auffindbarkeit im Netz verbessert. Das verändert nicht nur den Stil und den Sprachfluss, sondern hat wesentlichen Einfluss auf die inhaltliche Struktur eines einzelnen Textes und der gesamten Website: Textaufbau, prozentuale Wortdichte, Stichwortverteilung und latente semantische Optimierung (!) sind dabei nur einige der wichtigen Kriterien.

Aber Textoptimierungen sind nur eine Teilaufgabe bei der Suchmaschinenoptimierung: Nicht alle Werbeagenturen haben das jedoch verstanden und leisten sich in dieser eminent wichtigen Aufgabe grosse Patzer und dumme Versäumnisse.

Als ich das Briefing weiter las und die Layouts zur Website anschaute, wurde mir Angst und Bange: Im 2013 eine Website zu designen, welche eine 1:1-Kopie der klassischen Werbemassnahmen ist, verstösst gegen ziemlich jede Regel der Benutzerfreundlichkeit. Wenn Texte dann noch optimiert werden, ist das etwa gleich intelligent, wie den Helm nach der Kollision aufzusetzen.

Suchmaschinenoptimierung hat sehr viel mit dem Verständnis für Websitebesucher, noch mehr mit Benutzerfreundlichkeit und wahnsinnig viel mit durchdachten Konzepten zu tun. Jede konzeptionelle, visuelle oder technische Massnahme ist dabei jeweils nur einer von vielen Puzzlesteinen.

Wenn aber ein Stein fehlt, ist das Puzzle immer unvollständig.

Vertrauen.

Vier Liter Superbenzin habe ich getankt. Nicht, weil ich das innovativste Vierliter-Auto besitze, sondern weil auch vier Liter Superbenzin aus meinem Selbstzünder keinen Superdiesel machen, sondern immer einen ungewollten Stillstand: Entweder man merkt es vor dem Zünden des Motors oder aber der Motor meldet es mit einem sprichwörtlichen Motorschaden beim Fahren. Ich hab’s nach wenigen Sekunden, vier Litern und sechs Euro bemerkt. Danach folgten gefühlte vier Milliarden Fluchworte.

Nun bin ich in Thalwil oberhalb einer Tankstelle aufgewachsen und ich meinte mich zu erinnern, dass man früher im Winter ein paar Liter Benzin zum Diesel mischte. Also, dachte ich, sollten vier Liter auf eine Vollbetankung von 65 Litern keinen wahnsinnigen Einfluss haben. Ich nahm mein Handy zur Hand und suchte nach „Idiot Benzin Diesel“, was komischerweise nichts ergab. Die Suche nach „Benzin in Diesel getankt“ war erfolgreicher. Die TCS-Seite schreibt: Alte Autos – kein Problem; neue Autos – Stopp, aus & Amen.

Ich telefonierte, ein Abschleppdienst kam, sah, schmunzelte und schleppte uns in die nächste Garage nach Darmstadt. Während der Fahrt suchten wir online nach einem Hotel.

Abends ging mir durch den Kopf, dass ich – hätte ich ein Auto aus den 80er Jahren gehabt – den Tank nach meinem Missgeschick mit Diesel gefüllt und weitergefahren wäre. Dies, weil ich den Informationen auf der Website vertraute.

Wir empfinden Websites dann für vertrauenswürdig, wenn man die inhaltliche Glaubwürdigkeit überprüfen kann, der Absender erkenn- und identifizierbar ist, das Design dem Inhalt folgt, die Seiten einfach und funktional aufgebaut sind, die Informationen aktuell sind und keine offensichtlichen Fehler aufweisen. Und wenn dann noch Mitarbeiter zu sehen sind, welche die professionelle Glaubwürdigkeit untermauern, schliesst sich der Kreis.

Gut habe ich meiner Erinnerung misstraut.